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Mach-Was-TRäume auf der "Grünen Banane"
Dem Roger Buergel sein Motto "Was ist das bloße Leben" für die d12 erlebten die Anwohner an der "Grünen Banane" so, wie es bei den Philosophen Giorgio Agamben und Walter Benjamin beschrieben wird: „[…] Das bloße Leben kennt eine apokalyptische und unmissverständlich politische Dimension[…]. Es lässt sich auf diesen apokalyptischen Aspekt aber nicht reduzieren, denn es kennt auch eine lyrische oder sogar ekstatische Seite – eine Freiheit für neue und unerwartete Möglichkeiten […].
Der documenta 12 Beirat initiierte die Aktion "Mach-Was-TRäume". Mit dieser sollten Freiflächen im Stadtraum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Zusammen mit Anwohnern, Institutionen und weiteren Partnern regte das Gremium Prozesse an, kollektive Teilhabe und Nutzung zu aktivieren. Auf den Flächen fanden kulturelle Veranstaltungen, Diskussionen und gemeinsame Aktionen statt.
Die "Grüne Banane", die Grünfläche zwischen Etui-Merl und der Berliner Apotheke und vor der Motzberg-Wohnanlage wurde mit einem roten Zäunchen als "Mach-Was-TRaum" gekennzeichnet.
In den ersten Tagen trafen sich die Anwohner, grillten, unterhielten sich und planten Weiteres. Kinder entdeckten die Fläche als Spielplatz. Die Gastwirte teilten den Platz als Biergarten unter sich auf und Obdachlose bauten die ersten Zelte auf.
Nach Buergel: Was tun? Der documenta Beirat versuchte zu vermitteln. „[…]Nach Lenin: In der Kunst und ihrer Vermittlung spiegelt sich der globale Prozess kultureller Übersetzung, der wiederum die Chance einer allumfassenden öffentlichen Debatte bietet. […]“
Blööd nur, keiner hatte Bock darauf. Die Anwohner störte der Partylärm und Abfall, die Gastwirte ärgerten sich, weil die Getränke mitgebracht wurden - nur die Obdachlosen freuten sich über eine neue Bleibe und saßen bis zum Morgengrauen am Lagerfeuer zusammen.
Die Verantwortlichen seitens der Stadt versteckten sich hinter der Begründung "Das ist Kunst" und sahen von einer Räumung ab. Ein Presserummel hätte sich womöglich imageschädigend für die d12 ausgewirkt.
Roger M. Buergel versuchte sein Glück. Er hatte keins, weil keiner der Beteiligten sich für ihn interessierte und außerdem waren sie viel zu betrunken und lallten. Der Roger hätte sie sowieso nicht verstanden.
Die Mach-Was-TRäume wurden zum Alptraum. Die Obdachlosen richteten sich häuslich ein, die Anzahl der Zelte stieg gleichermaßen wie die Wut der Anwohner. Die "Grüne Banane" entwickelte sich zum rechtsfreien Raum. Hin und wieder fanden Kunstaktionen statt, einige Initiativen erklärten sich mit den Obdachlosen solidarisch und demonstrierten vor Ort. Spektakulär war der Besuch von einem M-20-Panzer, der über und über mit Blumen bemalt war.
Der Eskalationshöhepunkt auf der "Grünen Banane" wurde erreicht, als ein Künstler anfing, ein tiefes Loch zu graben, um sein altes Auto darin zu versenken. Wie er selbst erklärte, wollte er damit die Kosten für die Verschrottung sparen. Das war nun Anlass genug, dass die Polizei den Mach-Was-AlpTRaum am 104ten Tag der d12 beendete und den Platz räumte.
Siehe auch:
Seelenfitness-Anlage
Überfall vor der Schule
Angstraum
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